Aufklärung

Drama-Workshops

Diese Fotos stammen von einem Drama-Workshop, bei  dem die Frauen eine Anklage nachspielen. Das Drehbuch wurde von einem professionellen Trainer erstellt, der mit einem anderen Schauspieler am Stück teilnahm. Später führten die Frauen das Stück auch alleine vor.
Drama-Workshops sind in Ghana ein beliebtes Mittel, gesellschaftliche Tabuthemen anzusprechen und aufzuklären. Drama-Groups fahren dann auf öffentliche Plätze in Dörfern und Städten und spielen ein Stück vor, das eine klare Moral hat: Hände waschen, Familienplanung, HIV-Prävention, oder eben wie bei uns: Hexenjagden verhindern.

Diskussionen und Kontakt

Die eigentliche Aufklärungsarbeit leistet unser Team durch die Präsenz vor Ort. Ihr Kontakt mit den Flüchtlingen zeigt der umliegenden Gesellschaft, dass es nicht schadet, mit "Hexen" zu essen oder Umgang zu haben.

Bei vielen Arbeitsschritten diskutieren die Team-Mitglieder immer wieder Hexereianklagen. Sie kennen alle Reaktionen und Argumente. Simon Ngota hält Reden auf Marktplätzen.

Kommt es zu Rücksiedelungen, sind Verhandlungen erforderlich. Diese Verhandlungen zwingen Ältestenräte und Familienoberhäupter, ihre Verantwortung für Einzelne zu reflektieren und die Vertreibungspraxis zu hinterfragen.

Alphabetisierung

In den Ghettos führte das WHVEP zwei Jahre lang Alphabetisierungskampagnen durch, die sehr gut angenommen wurden. Leider versiegten die Mittel für die Anstellung von Teilzeitlehrern. Was wir weiter aufrechterhalten, ist die Einschulung aller Kinder in Kpatinga, Nabule und Gushiegu. Was wir anstreben, sofern es die Spendeneinnahmen erlauben, ist die Einschulung von Kindern in Tindang, Duabone und einem weiteren Asyl. Der Schulbesuch von Kindern aus den Asylen ermöglicht diesen später, zu Advokaten gegen Hexenjagden zu werden.

Hexenjagden und die Medien

In Ghana gibt es eine blühende Filmindustrie. Die Filme dauern oft 150 Minuten und mehr. Wer sich solche Filme ansehen möchte, wird auf youtube fündig werden. Viele dieser Filme visualisieren Hexen und Hexerei.  Ein Klassiker aus Nigeria ist "End of the Wicked". Er wird für Kinderhexenjagden in Südnigeria verantwortlich gemacht:

http://www.youtube.com/watch?v=VRivyuU151Y

 "Storybooks” sind Groschenromane. Sie bestehen aus ein bis zwei Dutzend Textseiten mit einem Farbcover und werden auf Marktplätzen verkauft als Unterhaltungslektüre mit “pädagogischem Wert”.

Im Storybook “Witches Night Club” wird das Ghetto für Hexenjagdflüchtlinge in Gambaga erwähnt:

“That is why at times when following someone who is suspected to be a witch and you blow dust at the heels and if she cleans her eyes it proves undoubtedly that she is a witche, that is why someone was declared a witch his or her social status in the society or tribe was lost forever.

This is the reason why we have a witchcamp at Gambaga in the Northern part of Ghana, because when you are declared a witch by a witch doctor, medicineman, a spiritualist or a pastor, nobody will have anything to do with you.

You are however regarded as an outcast. Most people use charm, amulets in form of rings and necklaces to protect themselves from the witches. Others also vaccinate themselves with black powder to protect themselves against witches, as they believe that this concoction can make their blood and the flesh bitter and tasteless to witches.

Some of us have evil eyes and when cast on a farm the crops wither. As they feed on human flesh which is their main food and before the person is killed by the witches, it’s not by fluke but rather a close witch relative might have handed over the soul od this victim to the witches.

When for instance your sister, brother or mother is a witch or wizard and it’s their turn to supply your soul for a sacrifice and they don’t want to do so because they love you, what they do is to give you a strange sickness like leprosy, fit and other disgraceful sickness. This will deter the witches from killing you because as you can’t use a sick fowl or hen for your meal so the witches also dislike sick souls.”

Solche Medien bieten einen exzellenten Weg, mögliche Hexereivorstellungen zu erkunden. Jedoch: Es gibt kaum Dogmen der Hexereivorstellungen. Christen, Moslems, Traditionalisten haben alle gleichermaßen intensive und lokal sehr unterschiedliche Vorstellungen von Hexerei. Deutlich an diesem Beispiel wird, dass das Ghetto in Gambaga integriert wurde in die Hexereivorstellungen des Autors.

Eine Anzahl von Filmen und Storybooks spielt aber auch sehr raffiniert mit okkulten Vorstellungen: Angeklagte erweisen sich als unschuldig, die Ankläger geraten selbst in den Verdacht der Hexerei oder des Ritualmordes.

Ein Film gegen Hexenjagden?

Eigentlich spricht nichts dagegen, einen Film gegen Hexenjagden zu drehen. Allerdings sind Fernseher zur Unterhaltung nicht sehr verbreitet in der Northern Region. Man müsste die Filme in die Dörfer bringen. Dafür eignen sich Drama-Groups allerdings besser. In Südnigeria, wo Filme wesentlich mehr Publikum finden als in Nordghana, hat das WHRIN einen Film mitfinanziert, um in Nigeria gegen Kinderhexenjagden zu sensibilisieren: „The Fake Prophet“.

Wissenschaftliche Aufklärung

Besonderen Wert legt unser Team auf medizinische Aufklärung. Hier wären Lehrmodelle und Plakate sowie Mikroskope für den Museumsgebrauch hilfreich, sowie Lehrfilme, um Meningitisepidemien zu erklären. Vorerst kooperieren wir mit Krankenpflegern, die abgesteckte Symptome erklären.

Die Erforschung der philosophischen und psychologischen Voraussetzungen von Hexenjagden allerdings erfordert eine Aufklärung im Unsichtbaren: Über die Psychologie der Projektion, über Schuldgefühle und Trauer, über Sexualität und Gesellschaft. Das geht in den derzeitigen Verhältnissen am besten über Sprichworte, die nach und nach in Korrespondenz mit lokaler Sprichwortkultur erarbeitet werden sollen. Eine elaborierte Form des Sprichwortes ist wiederum die Drama-Group.
Hexereivorstellungen wurden nicht zuletzt durch naturwissenschaftliche Aufklärung bekämpft. Klassiker solcher Aufklärung sind Museen.

Ein Naturgeschichtemuseum in Gushiegu muss nicht teuer sein: Ein Lehmgebäude mit 25 Quadratmetern wäre ausreichend, um lokale Gesteine, Fossilien, Plakate, einen Fernseher für Lehrdokumentationen über Vulkanismus, Plattentektonik und Umwelt aufzustellen. Für einen solchen Zweck planen wir eine separate Spendenkampagne, auf die wir dann hinweisen.

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